Am östlichen Ende Awarnors, vom gewaltigen Jotenfjord von Wanagard getrennt, erstrecken sich die ewigen Wälder von Oruldunar.
Sie bedecken die gesamte Halbinsel und werden nur von einigen Auen und einem mächtigen Gebirge in ihrem Zentrum unterbrochen. Während im Norden immergrüne Tannenwälder vorherrschen, besteht der Süden weitgehend aus einem dichten Laubwald. Die teilweise uralten Bäume wachsen in schwindelerregende Höhen von bis zu einhundert Schritt, so dass mancher Wipfelwanderer auf seinem Weg weder Himmel noch Boden zu sehen vermag. Die Fauna hier ist reich wie nirgends sonst auf Awarnor, und die Wohnstätten vieler legendärer Bestien werden im Dunkel der unerforschteren Landstriche geglaubt. In manchen Gegenden ist der Waldboden so unzugänglich und das Geäst so dicht, dass man seinen Weg über Meilen entlang der Äste suchen muss, was Sache erfahrener Waldläufer, der sogenannten Wipfelwanderer ist.
Die Bewohner des Landes kennen keine Rodung, sie bauen ihre Siedlungen immer mitten in den Wald hinein, oft gar in Form reiner Baumdörfer dutzende von Schritten über dem Waldboden. Holz ist rar, da soweit möglich tote, von allein gefallene Bäume verwendet werden, die ihre Festigkeit durch die Behandlung mit bestimmten Harzen behalten. So greift man soweit möglich auf tierische Materialien wie Leder zurück, das massenhaft abfällt, da es sich bei der Gesellschaft Oruldunars fast ausschließlich um Jäger, Sammler und einige Händler handelt.
Der dünnen Besiedlung entsprechend wird auch nicht viel Politik betrieben, die meisten Siedlungen werden durch einen Rat geführt, dessen Sitze je nach Gegend vererbt, gewählt oder einfach mit den Dorfältesten bestückt werden. Zwischen den Räten gibt es zahlreiche regionale Allianzen, doch existiert im Moment kein oberster Herrscher Oruldunars. Bezeichnenderweise bedeutet »Oruldunar« nicht mehr als »Wir Menschen des Waldes«. Anders sieht es den Bewohnern der zentralen Berglande aus, die von einem Kriegsherren namens Han'r Gon Jerak angeführt werden und ihr Land »Okandunar« nennen.
Die Menschen sind im Kreise ihrer Siedlungen recht gesellig und stets auf den Austausch von Neuigkeiten bedacht, so dass auch mindestens zwei mal in der Woche ein großes, gemeinsames Abendbankett aller Bewohner abgehalten wird. Der Oruldunar sieht sich nicht als Hüter der Natur, doch wohnt ihm ein gewisser Respekt vor ihrer lebenspendenden Fülle inne, die ihn zögern lässt, ihr gegenüber zerstörerisch zu handeln.
Oruldunar kennt zahlreiche Götter, die meist tierischen Totems entstammen. Die meisten wählen einen Gott, dessen Gebahren und Art des Nahrungserwerbs ihnen liegt. So verehren viele Bu Nelok, die lautlose Eule, Kempa, den geschmeidigen Puma, Krom, den mächtigen Bären, oder Turhala, die geduldige, nie aufgebende Schildkröte.