von Katinka Federschwert
Wie dem Awarnorischen Boten bekannt wurde, kam es bei einer vom Orden initiierten Jagd auf einen der geheimnisvollen, als „Puppenspieler“ bekannten Magier, die wohl mit der Hexenkönigin zusammenarbeiten, zu einer Tragödie.
Der Orden hatte in den Reihen der Helden Awarnors um Hilfe gebeten, da er seit Tagen keine neuen Nachrichten von seinem Oberhaupt der Vernunft, Johanna Silberfurth, erhalten hatte, die mit einem Dutzend Streitern aufgebrochen war, um einen Puppenspieler zur Strecke zu bringen.
Eine Gruppe, zu der unter anderem Irashaja und Bartosz, der Dämonentöter, gehörten, konnten das Ordensoberhaupt aufspüren. Der Rest der Truppe war nach ihrer Aussage von den Puppen verschleppt worden.
Man beschloss, die Ordensmitglieder zu befreien, doch auf dem Weg wurde die Gruppe immer wieder von Puppen angegriffen, die allesamt niedergemacht wurden, und es soll sogar gewandelte Ordensmitglieder gegeben haben, die versuchten, die Helden und das Ordensoberhaupt in eine Falle zu locken.
Am Ende wurde der Puppenspieler gestellt und vom Oberhaupt der Vernunft gerichtet, doch es bleiben Fragen offen: Den Boten erreichte die Information, dass der Puppenspieler seine Häscher vor die Wahl gestellt hatte, ihn zu töten oder die gefangenen Ordensmitglieder zu retten. Warum entschied Johanna Silberfurth sich dafür, ihre Leute zu opfern? Was ist dran an den Gerüchten, dass auch einer der Helden, der Nekromant Frederico, zu Tode gekommen sein soll, und zwar durch die Hand seiner eigenen Verbündeten?
Das Oberhaupt der Vernunft ließ nur verlauten, dass sie „eine schwere Entscheidung“ hätte treffen müssen, aber „den Prinzipien des Ordens“ gefolgt wäre.
Für Augenzeugenberichte wäre der Awarnorische Bote dankbar, da wir denken, dass alle ein Anrecht darauf haben, zu erfahren, was wirklich geschehen ist.
von Madras
„Wenn du das wahre Wesen einer Person erfahren willst, so gib ihr Macht“, so heißt es in einem Sprichwort. Macht, so sagt man, korrumpiert. Sie ist in der Lage, das Schlechteste in jedem zum Vorschein zu bringen. Ich würde keiner dieser Thesen widersprechen. Macht ist gefährlich.
Meine Schwester, die Hexenkönigin, hat Dir Macht gegeben, Ellyon Theonos, und nun glaubst du in deinem Wahn, dass du die Geschichte verbiegen kannst, wie es dir gefällt. Ich sage nicht, dass meine Version der Geschichte die einzige und unumstößliche Wahrheit ist, denn so etwas gibt es nicht. Die Wahrheit ist ein allumfassendes Gebilde, das zu durchschauen ich mir nicht anmaße.
Du jedoch wagst es, das Andenken von drei Menschen in den Dreck zu ziehen, deren Namen du vermutlich nicht einmal kennst, indem du versuchst, jedem deine Sichtweise als „die Wahrheit“ zu verkaufen.
Ich kenne ihre Namen und ich werde sie niemals vergessen, ebenso wie ich niemals zulassen werde, dass ihre Geschichte verdreht wird.
Inara war eine Dienerin des ihr heiligen Feuers. Sie setzte ihre Kraft ein, um den Wahren Namen Shalys zu ergründen, in der Hoffnung, sie der Kontrolle der Hexenkönigin entziehen zu können.
Archas war ein Hexer, eng verbunden mit seinem Seelentier, der Eule. Ich habe von ihm viel über die Magie Awarnors gelernt. Er war es, der im Namen Vanas ein legendäres Schwert gegen Arsai führte. Er machte den Plan, die magische Barriere um das Relief der Hexenkönigin zu zerschmettern, um ihren Wahren Namen zu erfahren, damit wir sie vernichten können.
Jurek war nicht nur einer der ersten Menschen, die ich in Awarnor traf, sondern auch mein Freund, ein Verbündeter, der mir immer wieder Mut gab, wenn alles hoffnungslos schien. Er führte in meinem Namen ein legendäres Schwert gegen Arsai. Er lehrte mich, was Freundschaft und Vertrauen bedeuten.
Ellyon Theonos, du magst Recht damit haben, dass Inara und Archas von denen erschlagen wurden, die ihre Verbündeten waren. Und es ist ebenfalls wahr, dass ich es war, in dessen Armen Jurek starb. Doch die Schuld an ihrem Tod trägst nur du. Keiner dieser drei Menschen hat sich freiwillig unter deinen Bann begeben. Du redest von Freiheit und Frieden, zwingst jedoch Menschen, Elben und allen anderen Wesen deinen Willen auf, auf dass sie für deine Ziele streiten. Du hast zu verantworten, dass diese drei Helden, denn nichts anderes waren sie, ihre eigenen Freunde angriffen, sodass diese keine andere Möglichkeit sahen, als sie zu töten.
Du behauptest, Jurek, Archas und Inara hätten sich dir „angeschlossen“. Das haben sie nicht. Jureks letzte Worte waren: „Es tut mir Leid, Madras, ich hätte die Hexenkönigin gern mit dir getötet.“ Er schaffte es, deinen Bann abzuwerfen, als er auf der Schwelle des Todes stand. Er starb als freier Mensch, nicht als eine deiner Puppen. Weder er, noch irgendeiner der anderen, deren Geist du gebrochen hast, folgte dir freiwillig.
Dich mag es nicht scheren, wer die Menschen waren, die du versuchst zu benutzen, um dich in einem besseren Licht dastehen zu lassen und mein Streben nach wahrem Frieden in Awarnor anzuzweifeln. Doch wenn ich in ein Feuer blicke, so sehe ich Inara. Wenn mir eine Eule begegnet, so weiß ich, dass sie einen Teil von Archas auf ihren Schwingen trägt. Und wann immer sich meine Hand um den Griff einer Waffe schließt, ist es Jurek, der mir zuzuzwinkern scheint, unbekümmert, voller Optimismus. „Auf in den Kampf, Madras, wir schaffen das schon.“ Ich werde ihr Andenken ehren.
Und ich weiß, dass wir uns eines Tages wieder begegnen werden. Und ein weiteres Mal werde ich dich nicht entkommen lassen.
von Maia Berson
In der letzten Ausgabe kündigte ich meine Reise nach Agenstein an, um die Gerüchte über die dort wütende Orkhorde aufzuklären. Dies ist mir tatsächlich gelungen und ich darf hiermit die Wahrheit präsentieren.
Der Einfluss der Schattenweberin und ihres Kultes breitet sich immer weiter in Awanor aus und treibt viele Menschen an den Rand der Verzweiflung. Die meisten beugen sich ihr irgendwann und werden ein Teil des Schattenkultes, andere leisten nach wie vor Widerstand und sind nicht gewillt aufzugeben. Doch die Verzweiflung bewegt auch manche von den Widerständlern zu unvorstellbaren Taten – so die beschriebene „Orkhorde“. In Wirklichkeit handelte es sich hierbei um eine Gruppe Menschen, die in ihrer Not keinen anderen Ausweg sehen, als andere Menschen zu überfallen.
Um ihre Schande jedoch zu verbergen, verkleideten sie sich vorher als Orks. Passend muss man sagen, da sie sich wie Tiere verhalten haben. Sobald dieses Geheimnis jedoch aufgedeckt war, verringerte sich die Angst vor ihnen im Volke und die Täter wurden rasch gefasst.
Volk, Menschen Awanors, euer Leid ist groß, doch eure Kraft ist größer!
Widersteht der Versuchung zu Untaten, auch wenn die Verzweiflung wächst!
Beugt euch nicht dem Kult, beugt euch nicht der Angst oder Mutlosigkeit. Ihr seid nicht allein in diesem Kampf!
Wir alle kämpfen Seite an Seite!
Haltet Stand!
Der Orden sucht nach Bartosz, dem Dämonentöter!
Er ist schuldig des Mordes an dem Magier Frederico.
Wer Bartosz in das Hauptquartier des Ordens bringt, soll eine Belohnung von drei Goldstücken und den Dank des Ordens erhalten.
von Jurik Noldor
Nachdem ich in der letzten Ausgabe über die Herkunft der Puppenspieler geschrieben habe, soll dieses Mal – wie angekündigt – die Hexenkönigin folgen.
Einige Mitglieder des Bundes von Awarnor wissen von einer Reise in eine fremde Welt namens Ronramar zu berichten, aus der die Hexenkönigin stammen soll.
Laut diesen Berichten führte sie dort schon seit vielen Jahren Krieg gegen ihre Geschwister, der sich nun nach Awarnor verlagert haben soll, nachdem deren eigene Welt ihm schon zum Opfer gefallen ist. Ich habe diese erwähnten Geschwister aufgesucht und in Gespräche verwickelt, um möglichst viel über die Herkunft der Hexenkönigin heraus zu bekommen.
Der Ursprung der Hexenkönigin und ihrer Geschwister liegt anscheinend etwa acht Jahrhunderte in der Vergangenheit, in der Zeit der Brutkriege. Die Brut, seinerzeit angeführt von den drei Erzbösen, dem Herrn des Hasses Mephisto, Baal dem Herrn der Zerstörung und Diabolo, dem Herrn des Schreckens, ließ nicht erwarten, dass Awarnor wie wir es heute kennen je existieren sollte. Als die Niederlage der freien Völker unabwendbar erschien, tauchten zwei Magier an ihrer Seite auf, der eine nannte sich Wanderer, der andere Nostrok. Nostrok wandte sich direkt an die obersten Herrscher und gründete mit deren Unterstützung Fort Hope. Die Garnison stellte eine Bastion gegen die Horden der Brut dar. Es gelang mit seiner Hilfe und der von ihm ausgebildeten Rekruten, den Wächtern, die Armee des Herrn des Hasses zu zerschlagen und seine Macht zu brechen. Diablo wurde unterdessen vom Wanderer in Schach gehalten und erschuf, als Mephistos drohende Niederlage offensichtlich wurde, neun Dämonen, die in anderen Welten Seelen für ihn sammeln sollten, um seine Macht soweit zu vergrößern, dass die sich anbahnende Niederlage abgewendet werden könnte. Da es hier nicht um den Brutkrieg gehen soll, sei an dieser Stelle nur kurz erwähnt, dass Diablo kurz darauf, an der Spitze seiner Armee, zurück in die Finsternis geflohen ist und der Krieg gegen Baal noch länger dauerte und nur mit Hilfe der Seelensteine gewonnen werden konnte.
Zurück zur Hexenkönigin, dem eigentlichen Thema dieses Artikels. Sie und ihre Geschwister landeten nun in der Welt Ronramar, um dort Seelen zu sammeln. Doch die dortigen Bewohner betrachteten sie nicht als böse Dämonen, sondern als Götter. Es gab genau neun Völker, genau passend zu den neun „Göttern“ und sie nahmen diese Rolle gerne an und vernachlässigten darüber den Auftrag ihres Schöpfers. Manche wurden wohl zu recht guten „Gottheiten“, andere haben ihre dämonischen Wurzeln nie ganz vergessen, doch über 700 Jahre lang lebten sie sich in ihre Rollen ein und alles blieb recht friedlich. Doch die Hexenkönigin nutzte die Zeit für ihre eigenen Pläne und suchte nach dem Herzen der Welt. Als sie endlich wusste, wo es sich befindet, sorgte sie dafür, dass ihr rechtschaffener Bruder Arsai einen Krieg auslöste, der so gewaltig war, dass es die Welt zerriss und ihr den Weg zum Herzen der Welt freigab, mit dem sie ihr Volk, die Ansealy, so veränderte, wie wir sie heute kennen. Da sie zum Finden des Artefaktes Ronramar opfern musste, ist sie nun nach Awarnor zurückgekehrt, um zu lernen, damit umzugehen. Meine Quellen berichteten mir allerdings, dass ein Plan zu ihrer Vernichtung bereits kurz vor dem Abschluss steht und noch dieses Jahr vollendet wird.
Zusatz: Wie alle Dämonen hat auch die Hexenkönigin einen wahren Namen, mit dem man ein Stück weit Macht über sie ausüben kann. Dieser ist mittlerweile bekannt und lautet Belaith.